Aufatmen oder doch nicht? KIM-Verordnung Wohnbaukredit: Sie läuft zwar Ende Juni 2025 aus, doch die Kreditregeln für Wohnimmobilien bleiben faktisch bestehen. Daher können Sie Ihr Bau- oder Kaufprojekt weiterhin mit verlässlichen Parametern planen. Gleichzeitig steigen die Chancen: Von Januar bis April 2025 wuchs das Volumen der Wohnbaukredite um zwei Drittel auf 5,2 Milliarden Euro. Sinken die Zinsen, wird Wohnen wieder leistbarer – allerdings gelten die bekannten Vergabestandards weiter.
KIM-Verordnung Wohnbaukredit: Wirkung des KIM-Aus
Obwohl die Kreditinstitute‑Immobilienfinanzierungsmaßnahmen‑Verordnung (KIM‑VO) am 30. Juni 2025 endet, verlängert die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Praxis per Rundschreiben. Dadurch gelten die bisherigen Vergabestandards praktisch unverändert weiter – sehr zum Ärger mancher Banken, die darin eine Bremse für Wohnraum sehen. Die FMA hält dagegen: „Solide Vergabestandards mit Hausverstand behindern ein gesundes Kreditwachstum nicht.“ Ähnliche Regeln sind zudem in vielen EU‑Ländern Standard und gelten als moderat.
Somit ändert sich für Bauherr:innen und Käufer:innen wenig. Planung und Finanzierung bleiben vorhersehbar, auch profitieren Sie von fallenden Zinsen. Dennoch sollten Sie die verbleibenden Spielräume bewusst nutzen.
Was heißt das konkret für Sie?
Die drei zentralen Finanzierungsregeln 2025/26
Erstens: Eigenmittel sind Pflicht. Die maximale Beleihungsquote (Anteil Darlehen am Immobilienwert) liegt bei 90 %, das Mindest‑Eigenkapital bei 20 % des Kaufpreises/Baukosten. Erwerbsnebenkosten zahlen Sie vollständig aus Eigenmitteln. Zweitens: Kreditrate im Rahmen halten. Die Schuldendienstquote (DSTI, Anteil aller Raten am Nettoeinkommen) darf 40 % nicht überschreiten. Beispiel: Bei 4.000 Euro Netto liegt die Gesamtrate bei 1.600 Euro. Drittens: Schulden rechtzeitig tilgen. Die maximale Laufzeit beträgt 35 Jahre – idealerweise vor der Pension. Tipp: Planen Sie 25–30 % Eigenkapital als Puffer.
Ausnahmen clever und gezielt nutzen – bei Bedarf
Banken dürfen weiterhin Ausnahmen vergeben: Bis zu 20 % ihrer Neukreditvergabe pro Quartal kann – auch beim KIM-Verordnung Wohnbaukredit – von den Kriterien abweichen. Möglich sind daher höhere Beleihungsquoten über 90 %, längere Laufzeiten als 35 Jahre oder Schuldendienstquoten über 40 %. Allerdings werden diese Erleichterungen nicht automatisch gewährt. Sie sollten aktiv danach fragen und Ihre besondere Situation nachvollziehbar begründen. Darüber hinaus sind bestimmte Kreditarten von den KIM‑Regeln ausgenommen, etwa kleine Kredite (unter definierten Schwellen), Umschuldungen bestehender Darlehen sowie kurzfristige Zwischenfinanzierungen.
Auswirkungen auf Ihr Bauvorhaben
Die 20‑%‑Eigenkapitalregel plus Nebenkosten prägt Ihre Budgetplanung. Bei einem 500.000‑Euro‑Projekt benötigen Sie daher mindestens 130.000–150.000 Euro Eigenkapital (100.000 Euro Eigenanteil plus 30.000–50.000 Euro Nebenkosten). Zudem erfolgt die Kreditauszahlung in Tranchen (Teilauszahlungen) entsprechend dem Baufortschritt, obwohl die Zusage das Gesamtprojekt umfasst. Planen Sie Zahlungspläne daher früh. Gleichzeitig wirken regionale Preisniveaus: In Wien, Niederösterreich und im Burgenland trifft die 90‑%‑Regel unterschiedlich. Für eine Einschätzung: Beratung anfordern.
So bereiten Sie sich optimal vor
Unterlagen ordnen, gezielt verhandeln und vorausschauend planen.
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Vor der Bankberatung sorgfältig
Bereiten Sie Nachweise und Eigenmittel nachvollziehbar auf und rechnen Sie Szenarien durch.
- Einkommensnachweise der letzten drei Jahre
- Eigenkapital lückenlos dokumentieren, Kontobelege bereitstellen
- Szenarien zu Zins- und Kostensteigerungen kalkulieren, Puffer definieren
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Während der Kreditverhandlung
Fragen Sie aktiv nach Ausnahmen und vergleichen Sie Angebote.
- Ausnahmekontingente und Begründungschancen erfragen
- Mehrere Banken anfragen; Auslegung der Regeln kann variieren
- Alternativen prüfen: Bauspardarlehen, Förderungen, Kombinationen
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Langfristig planen und absichern
Reduzieren Sie Risiken und sichern Sie Ihre Flexibilität.
- Sondertilgungen strategisch einplanen und nutzen
- Einkommensentwicklung realistisch berücksichtigen, Haushaltsplan anpassen
- Absicherung für Arbeitslosigkeit und Krankheit prüfen und aktualisieren
Konkrete Schritte 2025/26
- Prüfen Sie Ihr Budget inklusive Nebenkosten und Reserven; folglich leiten Sie die tragbare Rate aus 40 % DSTI ab.
- Ermitteln Sie den Beleihungsauslauf (Darlehen zu Immobilienwert) und zielen Sie, wenn möglich, auf 70–80 %.
- Stellen Sie Unterlagen vollständig zusammen: Einkommensnachweise, Eigenkapitalbelege, Bau- oder Kaufunterlagen. Dadurch beschleunigen Sie die Prüfung.
- Vergleichen Sie mehrere Banken und fragen Sie gezielt nach Ausnahmemöglichkeiten.
- Planen Sie die Tranchierung zum Baufortschritt und stimmen Sie Zahlungen ab.
- Bewerten Sie regionale Preise und Eigenkapitalbedarf; in teuren Lagen steigt der absolute Betrag trotz gleicher 90‑%‑Grenze.
- Kalkulieren Sie Laufzeiten realistisch: maximal 35 Jahre, ideal mit Ziel „vor Pension schuldenfrei“. Planen Sie Sondertilgungen, um die Restschuld planbar zu senken.
- Berücksichtigen Sie Risiken: Zinsanstiege, Einkommensschwankungen. Sichern Sie sich gegen Arbeitslosigkeit und Krankheit ab; halten Sie einen Puffer.
Fazit
Die Kontinuität der KIM‑Regeln schafft Planungssicherheit für 2025/26. Auch wenn sich manche mehr Lockerung erhofft hatten, schützen die Standards vor Überschuldung und stützen die Stabilität. Gleichzeitig zeigen die steigenden Kreditvolumina: Mit solider Vorbereitung und ausreichendem Eigenkapital ist Ihr Bau- oder Kaufvorhaben realisierbar. Die leicht sinkenden Zinsen wirken zusätzlich positiv – daher lohnt es sich, jetzt strukturiert vorzugehen.
Quellen: bankkonditionen.at, extrajournal.net, fma.gv.at, solidbau.at, wko.at, fma.gv.at, chg.at, report.at, wikifinia.at – ausgewählte Fachbeiträge, FMA-Infos und Branchenmeldungen kompakt.